Die wesentlichen Ziele des geplanten „Gesetz für einen fairen Kassenwettbewerb in der GKV“ (Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz GKV-FKG) sind: eine Neustrukturierung des Finanzausgleichs der Kassen untereinander ( Morbi-RSA) und eine Stärkung eines fairen Wettbewerbs zwischen den einzelnen Kassen. Das neue Gesetz wurde am 25. März 2019 als Referentenentwurf des BMG erstmalig vorgestellt. Am 9. Oktober 2019 verabschiedete die Bundesregierung einen abgeänderten Kabinettsentwurf.
Inhalt
Neuregelung zum Finanzausgleich (RSA)
- Abschaffung des jetzigen Morbi-RSA mit der geltenden Liste von bis zu 80 Diagnosen/Krankheiten als Grundlage für finanzielle Zuweisungen – Alle Krankheiten sollen statt dessen in Zukunft berücksichtigt werden (Vollmodell) – zusätzliche Manipulationsbremse als Reaktion auf die Skandale um Diagnosefälschungen
- Schaffung eines finanziellen Risikopools zur Abfederung von Hochkostenfällen
- Einführung einer Vorsorge-Pauschale in den RSA
- Erweiterung des jetzigen RSA um eine Regionalkomponente
- Korrekturen der Morbiditätszuschläge unter Berücksichtigung altersbedingter Strukturrisiken ( Altersinteraktionsterme )
- Stärkung der Gleichbehandlung aller Versichertengruppen durch Abschaffung der so genannten Erwerbsminderungsgruppen
- Berücksichtigung der bestehenden Arzneimittelrabatte
- Abschaffung der DMP-Programmkostenpauschale
- Höhere Zuweisungen bei fachärztlicher Versorgung ( bisher gleiche Zuschläge wie Hausärztliche Versorgung )
- regelmäßige Evaluation des RSA durch den Wissenschaftlichen Beirat
Weitere Neuregelungen
Wettbewerbsregeln
Für den Wettbewerb der Krankenkassen untereinander werden die Regeln genauer festgelegt. Das betrifft unter anderem Werbung und Versuche zur Risikoselektion. Für Werbung von Krankenkassen soll ein Gebot der Sachlichkeit auferlegt und jegliche Risikoselektion verbindlich untersagt werden. Zum Mindeststandard soll das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) festgelegt werden.
Haftung bei Insolvenz einer Krankenkasse
Bislang haften im Falle der Insolvenz einer Krankenkasse nur alle Kassen derselben Kassenart ( Innungskrankenkassen für Innungskrankenkassen, BKK für BKK usw. ). Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass künftig der GKV-Spitzenverband für alle eventuellen Insolvenzen haftet und demnach die Haftung auf alle gesetzlichen Krankenkassen ausgeweitet wird. Die einzelnen Krankenkassen haben weniger Risiko zu tragen.
Selbstverwaltung des GKV-Spitzenverbandes
Nach den Plänen von Minister Spahn soll die ehrenamtliche Selbstverwaltung des GKV-Spitzenverbandes abgeschafft und in eine hauptamtliche Selbstverwaltung umgewandelt werden.
Reaktionen von Krankenkassen und Verbänden
„Verwaltungsrat lehnt Beschneidung der Rechte der sozialen Selbstverwaltung ab“
„Der neue LKA und die ihm zugewiesenen Aufgaben schränken die Kompetenz der bestehenden Organe, den Verwaltungsrat und den Vorstand, erheblich ein. Dies bedeutet ebenso eine Schwächung der sozialen Selbstverwaltung wie die früheren Pläne des Referentenentwurfs und ist damit inakzeptabel.“
Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes zum Kabinettsbeschluss am 9.10.2019
„Keine Entmachtung der sozialen Selbstverwaltung!“
„Die vom Minister geplante Entmachtung der sozialen Selbstverwaltung im GKV-Spitzenverband ist unverständlich, unnötig und destruktiv. Sie widerspricht diametral der im Koalitionsvertrag verabredeten Stärkung der Selbstverwaltung und zudem den eigenen Aussagen des Ministers (..)“
Erklärung des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes zum Gesetzesentwurf vom 26.3.2019
„Kollateralschäden für die ländliche Versorgung“
„Der Referentenentwurf zum Faire-Kassenwahl-Gesetz (GKV-FKG) wird aus Sicht des AOK-Bundesverbandes seinem Anspruch nicht gerecht.“
Pressemitteilung des AOK-Bundesverbandes vom 27.3.2019
„Gesundheitliche Versorgung spielt sich regional ab“
Pressemitteilung der AOK Baden-Württemberg zum Entwurf für das Faire-Kassenwahl-Gesetz
„Solidarität darf nicht auf Ländergrenzen beschränkt sein.“
„Das ist ein Schritt hin zu fairerem Wettbewerb. Solidarität darf nicht auf Ländergrenzen beschränkt sein.“
Frank Hippler, Vorstandsvorsitzende der IKK Classic
„Wir begrüßen, dass Minister Spahn endlich Probleme des Morbi-RSA und des Organisationsrechts aufgreift, die den fairen Wettbewerb in der GKV seit Jahren massiv behindern. (..) Dies und die vorgesehene bundesweit freie Kassenwahl sind geeignete Maßnahmen, um der dramatischen Schieflage im Kassenwettbewerb zu begegnen“.
Stefan Füll, Verwaltungsratsvorsitzender der IKK Classic
- Pressemitteilung der Techniker Krankenkasse zum Eckpunktepapier für ein ‚Faire Kassenwahl-Gesetz‘
- DAK-Gesundheit kritisiert Eingriff in die Selbstverwaltung
- Interview mit Jens Baas ( Techniker Krankenkasse ) im Handelsblatt
Links zum Faire-Kassenwahl-Gesetz
- Referentenentwurf des BMG vom 25.3.2019
- Interview mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zum Gesetzesvorhaben
- Informationspapier des BMG zur Weiterentwicklung des RSA